© K. Abou Hamed

(ka) Viele Schüler*innen erzählen nach ihrem Auslandsaufenthalt, dass sich ihr Leben verändert habe und eine längere Zeit in einer ausländischen Highschool einfach ein einmaliges Erlebnis ist. Viele verbinden einen Aufenthalt an einer Highschool direkt mit den USA, England oder Kanada aber auch in spanischsprechenden Ländern kann man super einen Austausch machen. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Mich hat es nach Spanien gezogen, und das vor allem aus einem Grund, der Sprache wegen. 

Was viele nicht wissen: Englisch ist zwar die Weltsprache, jedoch wird Spanisch in insgesamt 21 Ländern als Amtssprache und von ca. 330 Millionen Muttersprachler*innen gesprochen. In einigen Ranglisten liegt Spanisch damit, hinter Chinesisch und Hindi, sogar noch vor Englisch auf dem 3. Platz. 

Ja, es gibt sie immer noch: Fächer in Hülle und Fülle. &cioy; K Abou HamedJa, es gibt sie immer noch: Fächer in Hülle und Fülle. &cioy; K Abou HamedDie Sprache ist aber nicht das Einzige, was mich an Spanien so gereizt hat. Egal wen man fragt, das Erste was man über Spanier*innen erzählt bekommt, ist dass sie sehr offen, freundlich und lebensfroh sind. Und so stereotypisch das auch klingen mag - es ist wahr. Die Lehrer*innen halten mitten im Unterricht Smalltalk mit den Schüler*innen, die Schlangen an den Einkaufskassen sind lang, weil jeder den neusten Tratsch und Klatsch erzählt und auf einmal weiß man die ganze Lebensgeschichte von seinem Eisverkäufer. So ist es mir zumindest ergangen. Die Kultur ist sehr tolerant und vor lauter Spanier*innen, die auf dich einreden oder dich zu lauten Fiestas am Wochenende einladen, wird dir ganz sicher nicht langweilig. Direkt zu Beginn habe ich bemerkt, dass das Familienleben in Spanien einen sehr hohen Stellenwert hat. Du wirst bestimmt schnell auf einigen Familienfeiern die ganze Verwandtschaft deiner Gastfamilie kennenlernen.  

Bisher habe ich Spanien nur als Urlaubsland mit schönen Stränden und Bars angesehen, aber auch das ländliche Spanien hat seinen ganz eigenen Charme. Kleine Dörfer wo jeder jeden kennt und große Städte mit einzigartigen Bauwerken und riesigen Shopping Centern.  

Auch für Naturliebhaber hat Spanien so einiges zu bieten. In den insgesamt 16 Naturparks die in ganz Spanien verteilt sind, kann man einzigartige und abwechslungsreiche Naturspektakel zu sehen bekommen. Das Klima ist in den verschiedenen „Comunidades Autónomas“ (Wir würden Bundesländer dazu sagen) sehr unterschiedlich und sogar in Spanien wird es im Winter echt kalt. Also – Pulli, Mütze, Schal nicht vergessen!  

Was ich persönlich auch noch als großen Vorteil empfunden habe, ist die kurze Distanz bis nach Spanien und die damit einhergehende, gleiche Zeitzone wie in Deutschland. Den Kontakt nach Hause zu behalten, ist so viel einfacher und sollte dich das Heimweh packen, wusste ich zumindest, dass ich immer die Möglichkeit hatte, in einigen Stunden zu Hause zu sein. Aber keine Sorge, so wirklich Zeit zum Heimweh haben hast du dort nicht.  

 

Mein Austauscherlebnis in Badajoz

Badajoz. © K. Abou HamedDas Wahrzeichen von Badajoz. © K. Abou HamedMeine Zeit im Ausland habe ich bei einer super netten, spanischen Gastfamilie verbracht, mit der ich mich wirklich sehr gut verstanden habe. Ich war in Badajoz platziert, eine kleine, hübsche Stadt im Westen von Extremadura. Dort spricht man mit einem Akzent, was zu Beginn echt schwierig für mich zu verstehen war, aber nach ein paar Wochen hatte ich mich daran gewöhnt. Trotzdem würde ich aufpassen, dass du zum „Spanisch-sprechen“ lernen, nicht in eine Region kommst wo man z.B. Catalán oder Baskisch spricht. Der Unterschied zum Hochspanisch, welches in deutschen Schulen unterrichtet wird, ist wirklich sehr groß und nicht ohne Grund haben die Sprachen einen eigenen Namen. Worauf du dich auch gefasst machen musst, ist ein Sprechtempo welches ungefähr doppelt so schnell ist, wie das der Deutschen. Puhhh, in meinen ersten Tagen dort, war ich froh über jedes Wort, das ich als solches überhaupt identifizieren konnte. Aber hey! Wenigstens weiß ich jetzt wie man „kannst du bitte ein bisschen langsamer reden“ auf spanisch sagt. Und versprochen: jede*r Spanier*in wird sich danach bei dir entschuldigen und dir alles nochmal einmal erklären – in gefühlt dem selben Tempo ;)  

Mit meiner Gastfamilie habe ich viele Ausflüge in geschichtsträchtige Museen, schöne Städte wie Sevilla, Elvas und Mérida gemacht und natürlich die spanische playa besucht! Das war ein absolutes Highlight für mich und hat sich angefühlt wie Urlaub machen, nur dass man dabei noch eine Fremdsprache erlernt. Mein Spanisch hat sich in der Zeit echt verbessert und ich habe ein ganz anderes Gefühl für die Sprache bekommen, als wenn ich sie vorher nur ein paar Stunden pro Woche in der Schule gesprochen habe. 

Was ich als unfassbar herzlich empfunden habe ist die Gastfreundschaft und der familiäre Umgang der Spanier*innen. Viele meiner Mitschüler*innen und Freund*innen haben mich zu sich nach Hause eingeladen und auf einmal habe ich mich mitten in einer großen Party wiedergefunden, mit Menschen die ich zuvor noch nie gesehen habe und die alle super daran interessiert waren „die Deutsche“ kennenzulernen. Da sich nicht so viele Leute für Spanien als Austauschland entscheiden, wird diese Situation dort wahrscheinlich für alle etwas sehr besonderes sein. Bei mir zumindest war es das. Noch bevor ich überhaupt richtig angekommen war, wusste gefühlt die halbe Stadt davon, dass jemand aus Deutschland in Badajoz wohnt. Es gab kein einziges Wochenende, an dem ich nicht mit Freunden raus auf die „calle“ (die Straße) gegangen bin oder wir irgendetwas spontan unternommen haben. Wobei die Betonung auf SPONTAN liegt. Solltest du jemals Spanier*innen fragen, was sie nächstes Wochenende vor haben, werden sie dich mit Sicherheit schief angucken und sich über den Planungsdrang der Deutschen lustig machen. Die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, hatten einen viel gelasseneren Lifestyle als wir hier. Mir wurde jeden Tag mindestens einmal gesagt, dass ich mir nicht so viele Sorgen machen soll und auch wenn ich 20 Minuten zu spät dran war, konnte ich mir trotzdem sicher sein, eine der Ersten zu sein.  

Die Leute gehen mit einer „no pasa nada“ Einstellung durchs Leben, was soviel heißt wie… „Ach, passiert schon nichts“. Und diese Einstellung hat definitiv auch etwas auf mich abgefärbt, was ich bisher als sehr positiv empfunden habe.  

Essen

Kommen wir jetzt mal zu einem ganz anderen, superwichtigen Thema – dem Essen!

Also allein wegen der Köstlichkeiten dort unten hat es sich für mich schon absolut gelohnt, den Austausch zu machen! Das Essen in Spanien ist einfach „delicioso“! Der Spanische Essensplan besteht, wie hier auch, aus Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Zusätzlich haben wir meistens noch einen Nachmittags- Snack gegessen, da das Abendessen auch gut und gerne mal erst um 23:45 Uhr auf dem Tisch stand. Für mich war das zu Beginn echt viel zu spät und es hat mich sehr viel Mühe gekostet, meine Augen beim Abendessen offen zu halten.

Als Hauptgericht gab es sehr oft Linsen, Bohnen oder Kichererbsen als eine Art Eintopf mit Gemüse, Fleisch und „Chorizo“, einer scharfen, würzigen Wurst. Außerdem gab es viel leckeren Fisch und Meerestiere zu essen. Auch die berühmten spanischen Tapas gab es sehr oft, wenn wir mit mehreren Leuten zusammen gegessen haben. Alle haben sich von dem bedient, auf das sie Lust hatten und die Stimmung am Esstisch war immer sehr fröhlich und heiter. Zum Frühstück wurde ganz simpel Toast mit Olivenöl und Salz gegessen. Marmeladen, Käse oder Honig zum Frühstück war für meine Gastfamilie unvorstellbar! Das Einzige, was ich aber wirklich vermisst habe in der ganzen Zeit, ist gutes, leckeres Körnerbrot. Ich habe alle möglichen Bäckereien abgeklappert und weit und breit nur Weißbrot gefunden. Tja, irgendwas musste mich ja davon überzeugen, doch wieder nach Münster zu kommen :) Per Zufall habe ich aber in meiner letzten Woche Westfälischen Pumpernickel aus Deutschland in der letzten Ecke des Supermarkts gefunden. Als ich meiner Gastfamilie solchen zum Probieren mitgebracht habe waren sie aber komischerweise nicht ganz so überzeugt… 

Achtung – Kulturschock!?

Eine der Sachen, die ich am Reisen am interessantesten finde, sind die unterschiedlichen Kulturen und die damit einhergehenden Kulturschocks. Aber um ehrlich zu sein, bin ich vor meinem Austausch davon ausgegangen, dass der Unterschied von Deutschland nach Spanien, nicht ganz so groß sein würde. Tja, da habe ich mich wohl geirrt. Solltest du also Angst haben, dass Spanien zu wenig Aktion und Neues bedeutet, kann ich dich in diesem Punkt auf jeden Fall beruhigen.

Direkt in meiner ersten Woche vor Ort habe ich einen riesigen Kulturschock erlebt. Es war samstags abends, was in Spanien so viel heißt wie: Fiesta, und ich bin mit meinen Klassenkameraden raus gegangen, um Party zu machen. Was ich jedoch nicht wusste ist, dass es dort anscheinend ganz normal ist, schon unter 16 Alkohol zu trinken. Jedenfalls habe ich noch nie in meinem Leben so viele, betrunkene Jugendliche auf einem Haufen gesehen, die zu lauter spanischer Rap-Musik abtanzen. Auf der anderen Seite wurde ich zumindest aber auch nicht als „uncool“ angesehen, nur weil ich mich gegen den Alkohol entschieden habe. Da sind die Spanier*innen wirklich sehr tolerant.

Ein anderer Unterschied war für mich mit Sicherheit das fehlende Zeitgefühl, aber was das angeht eilt den Spanier*innen ihr Ruf ja schon voraus. Solche Sachen wie Pünktlichkeit und Tagesplanung war für meine Gastfamilie ein Fremdwort. Prinzipiell ist jeder immer und überall zu spät gekommen und ich musste oft etliche Minuten vor meiner Haustür warten, bis ich zum Fußballtraining abgeholt wurde. Auch die Busse fahren dort wie es ihnen gefällt und so etwas wie einen Zeitplan gibt es schlicht und einfach nicht. Das heißt entweder hatte man Glück und ein Bus kam innerhalb der nächsten paar Minuten oder man musste auf dem Rückweg von einer Party auch schon mal 40 Minuten warten. Für meine Freunde war das ganz normal. Genauso normal wie die tägliche Siesta von vier bis fünf Uhr und das späte Abendessen um halb zwölf.

Was mir auch noch extrem aufgefallen ist, dass wir uns sehr oft spontan mit vielen anderen Familien zum Essen gehen getroffen haben. Meistens saßen wir in einem dieser, für südliche Länder typischen, Restaurants mit Tischen mitten auf der Straße und lautem Gelächter, welches die Musik im Hintergrund übertönt. Alles wäre perfekt gewesen, wenn da nicht die komische Angewohnheit der Spanier*innen wäre, dass Kinder und Erwachsene getrennt essen, sobald mehrere Familien zusammenkommen. Wir Kids sind dann also zum nächsten Burger-Laden losgezogen, während die Erwachsenen im Restaurant gegessen haben. So ein Essen konnte sich gut und gerne bis spät in die Nacht hinziehen. Darhttps://kanello.net/administrator/index.php?option=com_content&view=article&layout=edit&id=570#an musste ich mich erst einmal gewöhnen, aber es war auch echt ganz cool mit all den Kindern und Jugendlichen etwas zu unternehmen.

Ein anderer Punkt, der mich echt wirklich geschockt hat, ist der Umwelt- und Klimaschutz in meiner Gaststadt. Natürlich weiß ich, dass ich durch Münster etwas verwöhnt bin, was Dinge wie Fahrrad fahren, Mülltrennung und Tierschutz angeht, aber trotzdem war ich sehr schockiert darüber, wie wenig Bewusstsein für diese wichtigen Dinge bei den Spanier*innen zu finden war. Die meisten Familien hatten einen Mülleimer für alles, kein Fahrrad, dafür aber zwei Autos, die auch für kurze Strecken benutzt wurden. Auch als wir im Schulunterricht eine Diskussion über Stierkämpfe führen sollten war ich sehr erschrocken, als der Großteil der Klasse dafür argumentiert hat und kaum jemand an das Tierwohl gedacht hat. Allerdings ein kleiner Fun fact am Rande: Der durchschnittliche Deutsche isst immer noch mehr Fleisch als der durchschnittliche Spanier.  

Alles in allem kann ich sagen, dass ich viele neue Dinge über die spanische Kultur kennenlernen durfte, sowohl solche, die mich sehr schockiert haben als auch kulturelle Unterschiede, die mich sehr fasziniert haben und die ich mir auch in Deutschland wünschen würde. Zum Beispiel, dass man sich nach der Fahrt beim Busfahrer bedankt oder, dass einfach alle superfreundlich zueinander sind.

Abschließend kann ich wirklich jedem, der Interesse daran hat, Spanisch zu lernen und eine neue Kultur kennenzulernen, einen Austausch nur wärmstens ans Herz legen. Ich verspreche dir, dass du nicht enttäuscht wirst.

 

Quellen:

https://www.ef.de/blog/language/meistgesprochenen-sprachen-der-welt

https://www.spain.info/de/nachfrage/nationalparks-spanien/ 

 

Kommentare powered by CComment