(mh) Während eines Spaziergangs um den Aasee, beim gemütlichen Zusammensein an den Aaseekugeln oder auf der Brücke stehend: Beinahe immer kann man elegante Segelboote über den See gleiten sehen. Vorne ein kleines rotes Segel, hinten ein großes weißes und möglichst beide voll Wind. Sieht schon entspannt aus, oder? Spoiler: Ist es nicht wirklich. Und wenn Mal wenig Wind ist und man meinen würde, bei dem Tempo kann es doch gar nicht nicht entspannt sein, ist es das erst recht nicht. Unerwarteter Weise kann es ziemlich stressig werden, wenn man sich eigentlich sicher ist, dass beide Segel richtig stehen, und man trotzdem keine Fahrt macht, oder wenn so wenig Wind ist, dass man die Windrichtung gar nicht bestimmen kann. Zumindest ging es mir so, als ich meinen Segelkurs auf dem Aasee bei Overschmidt gemacht habe.

ISegelboote im Hafen der Segelschule Overschmidt© M. Hendlerch muss natürlich zugeben: Nach diesem Kurs bin ich noch lange keine Expertin. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Zuerst muss man ja lernen, den Wind zu verstehen und wie man die Segel dazu passend stellen kann, man muss die Boote kennenlernen und ein ein erstes Gefühl für die Bewegung auf dem Wasser bekommen. Und natürlich lernt man auch die ersten Manöver. Das Ziel meines Kurses war es auch, am Ende die praktische Prüfung zu bestehen. Sie ist die eine Hälfte der Prüfungen, die man abschließen muss, um einen Segelschein für Binnengewässer zu erhalten. Ehrlich gesagt auch die spannendere, denn die andere ist die theoretische Prüfung. Im Prinzip ein Haufen multiple-choice-Fragen, deren Antworten man vorher auswendig lernt und dann auf dem Prüfungsbogen genau so ankreuzt, wie man sie gelernt hat. Definitiv schaffbar. (Aber Achtung: Es gibt eine Rückseite! Da muss man auch erst Mal drauf kommen…)

Segelkurs geht immer: bei Wind und Wetter

Bevor man jedoch die praktische Prüfung absolviert, kommt der Segelkurs. Ich muss zugeben: Ich war an meinem ersten Tag unglaublich aufgeregt. Dieses Gefühl hat sich dann aber sofort wieder gelegt, als ich angekommen bin, denn da standen schon die anderen aus dem Kurs und die sahen alle wirklich nett aus. Als alle da waren ging es direkt auf die Boote, immer zu zweit. Die meisten hatten schon Segelerfahrung aus vorherigen Kursen, da einige aber auch zum ersten Mal auf dem Wasser waren, gingen wir jeden Schritten des Aufbaus der Boote gemeinsam durch. Im Laufe der Woche wurde das zur Routine. Zuerst die Achterleine losmachen, die Persenning runter, Großschot los, Dirk, Zeiser auf, Segel los, Großfall ans Segel und so weiter und so fort. Irgendwann brennt sich dieser Ablauf einfach ins Gehirn ein. Und dann sind wir gesegelt. Jeden Tag. Von 10 bis 17 Uhr, mit einer Stunde Mittagspause. Bei knallender Sonne und strömendem Regen.

Segeln ohne Wind, mit fast keinem Wind, mit wenig Wind

Es mag eine logische Schlussfolgerung sein, aber Segeln macht schon mehr Spaß, wenn auch Wind weht. Der war leider nicht immer da. Der Montag war besonders schlimm. Normalerweise stellt man sich zum Setzen der Segel in den Wind, auch nachdem man raus gepaddelt ist. An diesem Tag aber… Meine Schwester und ich saßen auf unserem Boot. Ich war so dumm gewesen freiwillig zu paddeln, anstatt an die Pinne zu gehen (zu lenken). Der Wind? Unauffindbar. Um uns herum schwammen die anderen Boote aus unserem Kurs. Circa die Hälfte drehte sich noch wie wir im Kreis, die andere hisste ihre Segel in unterschiedlichste Himmelsrichtungen gewandt, an denen konnten wir uns also auch nicht orientieren. Unser letzter verzweifelter Versuch war, ein einzelnes Haar in die Luft zu halten und zu hoffen, dass es in eine Richtung geweht wird. Wurde es, wir drehten uns in die scheinbar passende Richtung und hatten offensichtlich alles falsch gemacht, denn als unser Großsegel gehisst war, standen wir genau vorm Wind. Für alle nicht-SeglerInnen: Das Boot war so weit weg von der richtigen Position, wie es hätte sein können. Im Endeffekt war das aber auch egal, denn es war ja sowieso kein Wind.

Nach der Mittagspause waren an diesem bestimmten Montag dann alle fertig mit den Nerven. Wir hatten eine äußerst interessante Mittagspause hinter uns und “fuhren” (trieben? schwappten?) nun wieder über den See. Ich weiß nicht mehr wie es dazu kam, aber irgendwann hatten sich einige Boote an den Achterleinen zusammengebunden und trieben gerade beinahe in eine Weide. Dabei spielte an mehreren Stellen Musik und zu irgendeinem Zeitpunkt wurde auf den Booten Macarena getanzt. Aber sagt das nicht weiter, ich bin mir sehr sicher, dass das nicht die vorgeschriebene Nutzung der Boote ist.

Wie kommt man zu einem neuen Namen?

An einigen Tage hatten wir natürlich auch Wind. Am Donnerstag zum Beispiel. Das hat richtig Spaß gemacht, ich hatte nur zwischendurch kurze Panikschübe, wenn das Boot ein bisschen zu schief war. Es gibt da einen Punkt in der Schieflage, den ich gerade noch so aushalte, aber sobald der überschritten ist kippt zwar nicht das Boot aber meine gute Laune. Wir sind natürlich nicht gekentert. Und selbst wenn wäre das, wie ich erst hinterher erfahren habe, gar nicht so schlimm gewesen. Eine andere Person aus unserem Kurs war ein paar Tage nach der Prüfung nochmal segeln und ist tatsächlich umgekippt. Ich hätte natürlich erwartet, dass das richtig Ärger gibt, aber nein. Alle konnten darüber lachen und jetzt hat er natürlich immer den Ruf als „der, der gekentert ist“. Das ist vielleicht das schlimmste an ganzen Geschichte. Ich hatte übrigens den Ruf als „die, die das Want von einem anderen Boot kaputt gefahren hat“. Ein Want ist das Seil, das vom Mast zur Seite des Bootes verläuft. Ohne segelt es sich nicht so gut, denn dann kann der Mast abbrechen. Für alle nicht-SeglerInnen: Das ist ganz ganz schlecht. Wie das passiert ist? Naja, so ganz weiß ich es auch nicht. Was ich weiß ist, dass zu viele Boote aufeinander zu gefahren sind, wir dann zu nah an dem anderen Boot dran waren, unser Baum (die waagerechte Stange an der das Großsegel dran ist) in dessen Want hängen geblieben ist und sie zum Teil zerrissen hat.

Jetzt aber Schluss mit den Horrorgeschichten, ich will euch schließlich dazu bringen, segeln zu gehen! Nein, wirklich. Probiert es mal aus, vielleicht ist es ja was für euch. Man kommt in so einen Tunnelblick rein und kann an nichts anderes mehr denken, als daran, die Segel richtig zu stellen, die Manöver vernünftig zu fahren und die passenden Kommandos zu geben. Alle anderen Gedanken rücken in den Hintergrund. Einmal hat es sogar richtig angefangen zu regnen und ich habe es erst so eine halbe Stunde später gemerkt, als ich schon völlig nass war, weil ich so konzentriert war.

Dabei hat man noch den Wind im Gesicht oder im Rücken und ist draußen an der frischen Luft. Und man sieht natürlich mega cool aus, wenn man ganz nah an die Stufen bei den Aaseekugeln ran fährt und den Leuten dort zuwinken kann.

Segeln ist Saisonal

Segelboot auf dem Aasee© M. HendlerWer jemanden kennt, der oder die segeln kann: Schnappt sie euch, schleift sie zum Aasee (alternativ könntet ihr sie freundlich bitten) und geht mit ihnen segeln. Das geht leider nur noch bis zu den Herbstferien, deshalb müsst ihr euch beeilen. Am ersten Wochenende der Herbstferien ist dann „Absegeln“, das heißt, man geht vor dem Winter noch ein letztes Mal segeln. Dafür kann man sich anmelden und mit einer kleinen Gruppe nach Friesland fahren und dort jeden Tag segeln. Los geht es wieder nach den Osterferien, da dann mit dem „Ansegeln“, ebenfalls in Friesland. Davor liegt aber noch der lange, kalte, segelfreie Winter. Von daher: Worauf wartet ihr noch? Noch einmal: Auf die Boote, Segel: hoch!

Winterpause nutzen

Alle, die es vor der Winterpause nicht mehr schaffen, können sich mit diesen Segelbegriffen schonmal auf die kommende Saison vorbereiten:

anluven – den Bug Richtung Wind drehen (Pinne zum Segel)
abfallen – den Bug vom Wing weg drehen (Pinne weg vom Segel)
Luv – die dem Wind zugewandte Seite (“Von Luv kommt die Luft.”)
Lee – die dem Wind abgewandte Seite (“Spuckst’e nach Lee, geht’s in die See.”)
die Vok – das vordere Segel (am Aasee das rote)
das Großsegel – das große Segel (am Aasee das weiße)
Wende – Manöver (Mit dem Bug durch den Wind)
Halse – Manöver (Mit dem Heck durch den Wind)
Q-Wende -  Manöver (von Raumwindkurs zu Raumwindkurs, dazwischen eine Wende)

Und zum Schluss, um es nicht offen zu lassen: Ich habe meine Prüfung natürlich bestanden. Es waren alle total nett, der Wind war zwar ein bisschen mies, aber die PrüferInnen waren gnädig und die Knotenprüfung war auch ziemlich einfach. Alles supi also! :)