© Elija Winkler

Die Nacht ist sternenklar und dumpfe Musik schallt von weitem heran. Durch die Baumwipfel hindurch flackert hin und wieder buntes Licht. Ich bin auf dem Weg zu einem Outdoor-Rave und kann die Vorfreude kaum in Schach halten.

Woher der Hype?

Die Corona-Pandemie hatte die Partyszene schwer getroffen. Damals waren Outdoor Raves die einzige Möglichkeit für Party-freudige sich auszutoben. Mit Social Media haben Techno und Raves dann ein Revival erlebt, weshalb die Szene, auch nach Wiedereröffnung der Clubs, sich vermehrt auf alternative und unkonventionelle Veranstaltungsorte wie Brachflächen, Industriehallen und verlassene Lagerhäuser konzentriert.

Der Charme von Underground-Partys und das Gefühl, Teil einer subkulturellen Bewegung zu sein, locken immer mehr junge Leute an.

How to Outdoor-Raves

Die Veranstaltungen werden meist von Kollektiven geplant, die sich durch legale DJ-Auftritte finanzieren. Dadurch sind die Outdoor Raves für die Teilnehmer größtenteils kostenlos, nur Getränke werden üblicherweise auf Spendenbasis verkauft. Das Kollektiv will keinen Gewinn machen, alles was sie zusätzlich einnehmen, wird für bessere Technik ausgegeben oder den DJ’s zugesteckt, die über Stunden einen recht anstrengenden Job ausüben.

OutdoorRaveLaserlicht© Elija WinklerDer Veranstaltungsort wird kurz vor Beginn in eine Telegram-Gruppe geschickt, der man über einen Link in der Instagram Beschreibung des Kollektivs beitreten kann. Dadurch bleibt der Rave kleiner und geheimer, sodass Kontakt mit Ordnungsamt und anderen ungebetenen Gästen vermieden wird. Dazu planen sie ihre Events absichtlich in Industriegebieten und weit weg von Wohnhäusern. Ob unter einer Brücke oder in Bunkern im Wald, Hauptsache ungestört abfeiern.

Ich suche nach dem Eingang zu einem Waldstück, welches laut Karte zu den Koordinaten führen soll. Die Navigation ist nicht immer einfach, da ist es hilfreich wenn man unterwegs jemanden trifft, der sich auskennt. Doch auch unter der Beleuchtung von Handytaschenlampe stolpere ich noch eine Weile durch das Gestrüpp, bis in den Ästen platzierte Knicklichter mir den Weg weisen.

Münster eignet sich gut für Outdoor Raves, denn die vielen Studierenden sorgen für eine aktive Technoszene. Auch die Umgebung bietet genug Platz um Open-Air Events zu veranstalten. Es gibt einige schöne Wiesen und Wälder in der Nähe der Stadt, die sich perfekt für die Partys eignen.

Auf der Tanzfläche kommt man schnell in einen Flow und vergisst die Zeit. Als ich durstig und verschwitzt meine Freunde suche, ist es bereits drei Stunden später. Die Musik ist von Techno dominiert, jedoch spielen die DJs auch Remixe von aktuellen Popsongs, sodass für jeden was dabei ist.

What about the Planet?

Dieselgeneratoren liefern den Strom für die hochwertige Technik, die bunte Lichter und wummernde Bässe über die Feiernden schickt. Das ist zwar nicht sonderlich umweltfreundlich, aber bei Nacht funktionieren ja keine Solarpanels. Die Veranstalter überlegen auch, wie sie ihre Partys umweltfreundlicher gestalten können, dafür steht schon ein Einkaufswagen bereit, der als „Pfandmobil“ herhält. Denn zumindest Müll wollen sie nicht verursachen: „Lass nichts zurück, außer guten Erinnerungen!“- lautet das Motto aus der Techno-Bibel.

Die aufwendige Organisation ist beachtlich, vor allem weil die Veranstaltung theoretisch von Polizei oder Ordnungsamt beendet werden kann. Jedoch gehen sie dieses Risiko ein, um anderen eine Freude zu machen und selbst bis in den nächsten Tag zu feiern. Wenn doch mal die Behörden vorbeischauen, versuchen sie die Situation zu klären und sind damit auch häufig erfolgreich. Auch bei uns ist eine Streife vorgefahren, doch die DJs stellen kurzerhand die Musik leiser, sprechen sich mit den Beamten ab und weiter geht’s.

Stay Safe!

Dem Kollektiv ist die Sicherheit der Gäste wichtig, darum achten sie auf Anzeichen von Erschöpfung, Dehydrierung oder einer Überdosis, wie sie bei Drogenkonsum auftreten kann. Dafür sorgt ein „Awareness- Team“ , welches die Rolle der Security übernimmt. „Awareness“ bedeutet, dass alle gegenseitig aufeinander achtgeben und Diskriminierung sowie übergriffiges Verhalten nicht geduldet werden. Sie sind dafür ausgebildet, mit diesen Situationen umzugehen und Betroffenen Schutz zu bieten. Dieser Aspekt ist in der Szene sehr wichtig, und etwas bei dem die Veranstalter Bedenken haben, er könne durch die zunehmende Kommerzialisierung vergessen werden. Doch wie bei jeder Party sollte man dennoch auf seine Getränke aufpassen und keine unbekannten Substanzen konsumieren. Denn es gibt zu viele Raver die davon erzählen, dass sie Freunde an Drogen wie Ecstasy oder Amphetamine verloren haben.

Jede Nacht hat ein Ende

Viele bringen Decken mit um die Nacht zu überstehen, denn bei einer Feier bis zum nächsten Tag müssen häufig Pausen eingeplant werden. Ich hab mir auch eine Jacke angezogen, denn vom Rumstehen wird einem nicht warm. Dann doch lieber wieder los. Das geht auch bis zum frühen Morgen, sodass manche nach dem Tanzen schon die Sonntagsbrötchen kaufen.

Wenn die DJs nicht mehr genug Saft haben, wird alles zusammengepackt und in Transportern verladen, bereit für das nächste Abenteuer.

Den Weg zurück lässt sich diesmal besser finden. Ich schwinge mich aufs Rad und fahre dem kühlen Morgen entgegen. Das Erlebnis hat mich sehr beeindruckt. Diese Welt voller Energie und Vibes wirkt ihren Zauber.



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